Der Glockenguss rückt näher.

Ein weiterer Schritt, um die Glocken für das Neue Magdeburger Domgeläute gießen lassen zu können, war die Einladung an zwei Künstlerinnen und zwei Künstler, sich an einem „beschränkten, einstufigen Realisierungswettbewerb für die Glockenzier“ zu beteiligen. Diese Künstlerinnen und Künstler wurden nach intensiven Beratungen im Domglockenfachbeirat dem Verein vorgeschlagen.

Natürlich stellt sich bei einer Glocke die Frage, weshalb sie Inschrift und Zier tragen sollte, da sie schließlich später im Turm hängt und in der Regel den Blicken der Menschen verborgen bleibt.

Da die Glocke allerdings nicht nur einen Wert als ein Musikinstrument, sondern auch als Kunstwerk besitzt, sollte sie dementsprechend durch eine äußerlich ansprechende Inschrift und Verzierung künstlerisch und damit auch liturgisch aufgewertet werden.

figürliche Glockenzier (Domherrenwappen) auf der Glockenflanke der DOMINICA

Schon auf frühen christlichen Glocken des 11. Jahrhunderts finden sich Inschriften. Diese wiesen zumeist auf die Gießer bzw. den Auftraggeber, die Funktion der Glocke und ihr Gussjahr hin. Erst mit der Umstellung des Glockengusses vom Wachsausschmelzverfahren zum Mantelabhebeverfahren, waren aufwendigere Verzierungen auf Glocken möglich. So bildeten im Mittelalter die Glockengießer oftmals Heilige auf den Glocken ab, in der Hoffnung, dass ihr Schutz – zusätzlich noch durch eine entsprechende Inschrift erbeten – sich über die gesamte Hörweite der Glocke erstreckt und somit ihre apotropäische (unheilabweisende) Wirkung weit hinausgetragen wird.

Beim Neuguss von Glocken ist es empfehlenswert, sich bezüglich der Wahl von Inschrift und Zier grundlegend beraten zu lassen. … Der Auftraggeber … muss darüber aufgeklärt werden, an welchen Stellen der Glocke eine Zier angebracht werden kann und wie diese gestaltet werden sollte, da eine falsch gewählte Zier unter Umständen sogar die gewünschte Tongebung der Glocke negativ beeinflussen kann.

Diese Bedingungen wurden im Domglockenfachbeirat ausgiebig beraten und im Auslobungsdokument formuliert. Es sollen sowohl die historischen Glocken in ihrer Ausgestaltung gewürdigt werden als auch die Kunst des 21. Jahrhunderts erkennbar sein. Die Auslobung für diesen Wettbewerb hat der Verein in Abstimmung mit der Domgemeinde vorgenommen.

Für die Aufbringung von Schrift und Zier sind bei einer Glocke verschiedene Techniken möglich, beispielsweise:

  • durch Erstellung von Modeln aus Wachstafeln und Majuskeln aus Wachs
  • durch Erstellung der Zier aus Wachsfäden (z.B. für umlaufende Stege)

Da sowohl Inschrift als auch Zier als Informationsträger dienen und oftmals eine bestimmte liturgische Funktion einer Glocke zusprechen, sollte auf eine besonders hochwertige und künstlerisch ansprechende Ausführung Wert gelegt werden.

Da es sich bei dem Neuguss der 8 Glocken des Magdeburger Domgeläutes um ein Vorhaben von hohem nationalem, ja europäischen Rang handelt, sollten aus Sicht des Vereins mehrere Künstlerinnen und Künstler in einen (beschränkten) Wettbewerb treten, um die Glocken adäquat künstlerisch zu gestalten, da neben einem Musikinstrument auch ein Kunstgegenstand für ein Bauwerk geschaffen wird, welcher in der Regel viele hundert Jahre Bestand haben wird.

Bei einem Rückfrage-Kolloquium am 19. Mai hatten die durch den Domglockenfachbeirat im Vorhinein ausgewählten Künstlerinnen und Künstler die Gelegenheit, den Dom, die historischen Glocken und die Intentionen des Vereins und des Domglockenfachbeirates, die zur Auslobung führten, kennen zu lernen. Das wurde von allen Künstlern gern angenommen. Sie haben nun bis Ende August Zeit, ihre Entwürfe einzureichen.  Zur Bewertung der Arbeiten wurde ein Entscheidungs-Kuratorium berufen, dem 11 stimmberechtigte Persönlichkeiten aus Domgemeinde, Verein, Kulturstiftung, Architekturbüro, Förderern sowie die drei Glockensachverständigen des Domglockenfachbeirates angehören. Diese sollen die beste Arbeit „herausfiltern“, um den einen Künstler oder die eine Künstlerin dann durch den Verein mit der Realisierung zu beauftragen. Wenn der Wettbewerb wie geplant läuft, könnten die ersten neuen Glocken schon bis Anfang 2022 in Auftrag gegeben werden. Welche Gießerei dann den Auftrag bekommt, ist noch nicht entschieden!

„floraler Fries“ auf dem Glockenhelm der DOMINICA

Verfasst durch Johannes Sattler unter Verwendung von Zitaten aus der Website von Sebastian Wamsiedler