Am 27. Oktober erreichte die AMEMUS den Dom und stand seitdem verhüllt an ihrem Platz. Am 30. Oktober präsentierte der Domglockenverein in einer Feierstunde, an der Vertreter aus Bundes-, Landes- und Kommunalpolitik teilnahmen, unter großer Anteilnahme von ca. 500 Gästen aus Stadt und Land diese Glocke, auf deren Guss der Dom 320, der Verein aber, dank vieler Spender und der Förderung durch die Ostdeutsche Sparkassenstiftung mit der Sparkasse MagdeBurg, nur fünf Jahre warten musste.
Jetzt fielen die Hüllen und das staunende Publikum konnte die Glocke aus der Nähe in Augenschein nehmen, da sie leider noch nicht in den Höhen des Nordturms klingt, sondern auf dem Domfußboden verweilen muss. Nicht nur die neben der DOMINICA noch mächtiger wirkenden Dimensionen (2,14 m Höhe, 2,15 m Durchmesser und 6.525 kg Gewicht) konnten bestaunt werden, sondern besonders die überaus gelungene Glockenzier von Gert Weber auf Vorder- und Rückseite (avers und revers) der AMEMUS. Aber auf der linken Seite erblickte der aufmerksame Betrachter dann zwei „Dellen“! Sofort kamen Fragen an den Domglocken Magdeburg e.V., welche die Medien aufgegriffen und an ihn weitergeleitet hatten:
„Wie sind diese „Dellen“ entstanden? Beeinflussen sie die Haltbarkeit (Jahrhunderte) und den Klang der Glocke? Ist das ein „Gussfehler“, für den der Verein „Rabatt“ einfordern kann? Ist die Glocke gar „kaputt“?“
Um all diese Fragen seriös beantworten zu können, haben wir umgehend bei den Glockensachverständigen des Domglockenfachbeirates Christoph Schulz und Andreas Philipp, die beide die Glocke geprüft, abgenommen und für ausgezeichnet befunden haben, sowie bei Glockengießermeister Nicolai Wieland, dem Hersteller der AMEMUS, nachgefragt und um eine Stellungnahme gebeten.
Dieses gemeinsame Statement der Fachleute können Sie hier nachlesen:
„Am Sonntag, den 30. Oktober 2022, wurde in einer Feierstunde die neue Domglocke AMEMUS im Dom zu Magdeburg präsentiert.
In einem festlichen Bläserstück eingebunden erklang sie dabei zum ersten Mal, angeschlagen von außen mit einem Glockenklöppel. Auch die Besucher des Konzertes der Dombläser am Reformationstag konnten die Glocke so hören.
Alle, die dabei waren, haben ein Musikinstrument hören können, dessen Klang einen starken Charakter hat, der sich tief eingräbt und den man nicht vergessen wird.
Aber vor allem können nun alle Besucher diese Glocke im Dom betrachten. Ein sehr beeindruckendes Guß- und Kunstwerk, hergestellt nach rein handwerklicher Manier, wird hier präsentiert. Die Reliefs, angefertigt von Gert Weber, vertiefen in eindrucksvoller Weise die Botschaft der Glocke AMEMUS – laßt uns lieben.
Die Glocke ist ohne Wenn und Aber gelungen, mehrfach geprüft von Andreas Philipp und Christoph Schulz, den beiden im Glockenfachbeirat tätigen Glockensachverständigen.
Aber leider sehen wir oft nicht das große Ganze, sondern picken Details heraus und so fallen zwei Dellen im unteren Bereich der Glocke ins Auge und suggerieren, daß da etwas doch nicht stimmt.
Das sind in der Tat Gußfehler, wie sie so oder auch an anderen Stellen beim Herstellungsprozess passieren können. Vier Monate reine Handarbeit unter Verwendung von Naturmaterialien wurden geleistet, bis die Glocke aus der Form kommen konnte. Jeder Tag dieser Monate hat den Gießern höchste Aufmerksamkeit und Präzision abverlangt. Und trotzdem hat beim Guß eine kleine Fläche der Form nachgegeben.
Die beiden Dellen sind an einer Stelle der Glocke, an der die Glocke fast die stärkste Wandung hat. Es handelt sich um wenige Kilo Bronze die dort fehlen. Gemessen am Gesamtgewicht von 6525 kg ist das marginal.
Diese Stellen haben weder auf die Haltbarkeit noch auf den Klang einen Einfluß.
Es sind also rein optische Gußfehler, aber die Glocke ist darum kein Fehlguß, sondern ein außergewöhnliches individuelles Instrument.“
Christoph Schulz
Glockensachverständiger in der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland
Wir hoffen, dass damit die Fragen aller zur Zufriedenheit beantwortet werden konnten und die lebhafte Diskussion wieder in ruhigere Bahnen gelenkt wird.
Andreas Schumann (Vereinsvorsitzender)
Martin Groß, Rainer Kuhn, Marc Melzer, Johannes Sattler, Isabel Tönniges (Vereinsvorstand)